ausstellungen
daten
ausstellungstexte
emmerich nyikos

Illusionistisch gemalte Porträts, hingepinselte Wörter oder Sätze in Blockbuchstaben verbinden sich zu Arbeiten mit plakativer Wirkung. Unter der Übertitelung "Kleines Drama" findet man innere Monologe oder dialogische Szenen. Aussagesätze oder kurze Geschichten, aber auch Angaben über Technik und Produktionsdatum sind Bestandteile der Werke, die in der Tradition der Comics wurzeln. Bekanntlich hob Roy Lichtenstein erstmals Einzelszenen aus Comicstrips in gemalten Vergrößerungen hervor. "Die `großen Gefühle` der Schein-Wirklichkeit der Comics werden noch einmal monumentalisiert."

Die Texte zeigen die Standardisierung des Bewußtseins und zugleich - irritierend - den Halt, den Sprachklischees bieten. An die "Antikunsthaltung des Dadaismus und die Warenkunst der Industriekultur" als Element der Pop-Art wird gerade in den 90er Jahren wieder verstärkt angeknüpft. So wirken die Inschriften Gregers achtlos und ohne viel Mühe hingeschmiert. Triviale Phrasen aus dem Alltag oder klischeehafte Filmdialoge bilden die Inhalte seiner Texte. Indem die Texte nicht etwa als Buch vorliegen, sondern als "Bild" an der Wand hängen, bekommen sie einen besonderen Nachdruck.

Seit den 60er Jahren gibt es "story-art", die "in Kurzform private Gedanken oder kleine Geschehnisse mit und ohne Pointen erzählt /.../ manchmal von Fotos begleitet, die auf eine selbstverständliche Weise dazuzugehören scheinen."Oft erscheinen die Formulierungen unlogisch oder zusammenhanglos, oder sie wirken banal oder flau, Witze mit blassen Pointen werden etwa erzählt .Ziel ist die Entschleierung des Häßlichen, Banalen, Absurden. A.v. Graevenitz deutet es als "Appell, über die Banalität kultureller Muster nachzudenken. Story-Art-ErzahlerInnen thematisieren auch private Gefühle, oft mit politischem Ziel. (z.B. 70er Jahre: Feminismus) An diese Tradition wird in den 90er Jahren vielfach angeknüpft

.Eva Maltrovsky: Zum Verhältnis von Schrift und Bild. Landesgalerie
Eisenstadt, 1997

 

 

Taxilenker, Hausfrauen, Schüler und Professoren, Müllmänner, Schriftsteller, Polizisten - sie alle schimpfen, beschimpfen, verhöhnen, lästern, spotten ... eine Leidenschaft, ein Laster, kurz: eine Alltäglichkeit. Und auch auf diesen Bildern: Beschimpfungen, (fast) wie aus dem Leben gegriffen. Doch Vorsicht! Man sollte sich niemals vom Augenschein verführen lassen und nicht dem flüchtigen Blick vertrauen, der, eben weil er flüchtig, d.h. auf der Flucht ist, oft das Entscheidende zurücklassen muss. - Denn hier wird keine Geschichte erzählt. Vielmehr verweigern sich diese Bilder einer jeden narrativen Interpretation, obwohl oder gerade weil sie den Anschein des Narrativen erwecken. Oder mit anderen Worten: Franz Greger betreibt die Zerstörung der Narration mit den Mitteln der Narration selbst. Ein Bild, ein Porträt - aber fragmentarisch. Eine Serie, eine Reihe - aber ohne Zusammenhang, kein Anfang, kein Ende. Sprache, dialogische Bruchstücke - aber ohne greifbaren Empfänger, ohne greifbaren Sender. Denn wer beschimpft hier wen? Das Porträt den Betrachter? Oder vielleicht sogar der Betrachter das Porträt? Wie man es haben will: man kann es sich aussuchen. Es bleibt für uns im dunkeln. Es bleibt abstrakt. Und in der Tat: womit wir es hier zu tun haben ist abstrakte Malerei, innerhalb des Gesichtskreises jedoch - der Gegenständlichkeit. Also weder das eine noch das andere, sondern ein Jenseits, ein Darüberhinaus, analog literarischer Prosa, die mit theoretischem Material operiert. Ja noch mehr: Dieses Verschwinden, dieses Jenseits kann der Betrachter auch experimentell überprüfen: aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet löst sich das Gemalte nämlich in Nichts auf, verblasst, tritt in den Hintergrund, wird mithin unsichtbar; zurück bleibt nur die Schrift - das Diskursive, das Abstrakte, der radikale Gegenpol des visuellen Universums. Wer also beschimpft hier wen?

Emmerich Nyikos: copy books, Galerie Maerz, Linz 1996